Ein Untermusbacher 1904 als Soldat in Namibia
Im Jahr 1883 kaufte der Kaufmann Vogelsang von der deutschen Firma Lüderitz in dem Gebiet Südwest-Afrika auf nicht ganz ehrliche Weise ein großes Gebiet für das Deutsche Reich.
Nach einigen Jahren der Inbesitznahme kam es zu Problemen mit den Ureinwohnern, die sich gegen die Besetzung und Landnahme erhoben.
Im Januar 1904 erhob sich der Volksstamm der Herero. Es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen und das Deutsche Reich entsandte Soldaten zur „Befriedung“, die den Aufstand blutig niederschlugen.
Bei diesen Soldaten war auch Fritz Stöhr aus Untermusbach. Die untenstehenden Zeitungsartikel berichten aus seinem Leben. Aus dem damaligen Deutsch-Südwestafrika entwickelte sich das heutige Namibia, ein beliebtes Urlaubsgebiet.
Den Angehörigen von Fritz Stöhr wurde im Juni 1904 eine Todesnachricht zugestellt, die diese an die Amtszeitung „Der Grenzer“ weitergaben und die dieser am 29. Juni 1904 veröffentlicht.
Freudenstadt, 29. Juni, 12 Uhr mittags.
Soeben erhalten wir von Untermusbach die telephonische Nachricht, daß unserer wackerer Landsmann Fritz Stöhr von dort, der als Soldat an den Kämpfen gegen die Hereros in Südwestafrika teilnahm, im fernen Lande den Heldentod für’s Vaterland erlitten hat. Ein Schuß durch den Kopf wird in dem an dortige Verwandte gelangten Telegramm als Todesursache angegeben.
Originalartikel:
Fritz Stöhr wurde am 10.9.1882 als Sohn des Taglöhner Johannes Stöhr, geb. 24.7.1834, OM15ab, geboren. Seine Mutter war Elisabetha Rosine geb. Weigold, geb. 24 (29.).11.1842 von Aach, Aach106a.
Er kam aus Südwest-Afrika zurück und heiratete am 15.5.1920 Rosine Sophie Rügner von Wollenberg, Sinzheim. Weitere Daten sind nicht bekannt.
Fritz Stöhr hatte 6 Geschwister, dies waren:
Christian Stöhr, *28.3.1867 in Frutenhof, † 20.10.1843,
Johann Jakob Stöhr, *8.3.1868 in Obermusbach,
Marie Rosina Stöhr, *13.5.1871 in Obermusbach,
Johannes Stöhr, *31.5.1872 in Obermusbach,
Rosine Stöhr, *24.9.1873 in Untermusbach,
Johann Georg Stöhr, *17.7.1878, †20.6.1954.
Im Juli 1904 erreichte die Familie Stöhr in Untermusbach dann offensichtlich ein Brief des „Gefallenen“ .
Der Brief wurde im Amtsblatt „Der Grenzer“ am 28. Juli 1904 veröffentlicht.
Untermusbach, 28. Juli.
Die Nachricht von dem Tode unseres Landmanns Stöhr, der
im Januar gegen die Herero in Deutsch-Südwestafrika gezogen ist, bestätigt sich glücklicherweise nicht.
Einige allgemein interessierende Stellen des letzten Briefs folgen hier wörtlich angeführt:
„In unserem letzten Gefecht, das ich in der Kompanie mitmachte, waren 27 Mann tot und 5 verwundet. Fast sämtliche Offiziere fielen. Mein Pferd wurde mir vom Arm weggeschossen. Wir waren 89 Mann und standen einem Feind gegenüber von ungefähr 1000 Mann, die so gut bewaffnet sind wie wir.
Über die verschiedenen Gefechte werdet Ihr besser Bescheid wissen wie ich selbst, weil es hier mit der Post sehr langsam geht. –
Jetzt bin ich an die englische Grenze versetzt, nach Riedfontein im Distrikt Gobabis. Es ist dies eine alte, zerfallene Station, und wir müssen hier tüchtig arbeiten und bauen.
Als wir nach der Grenze ritten, trafen wir jeden Tag Feinde. Wir nahmen einmal zu viert und 1 Offizier 511 Stück Vieh weg, welches wir hier auf der Station haben.
Fleisch und Milch haben wir so viel, daß wir’s nicht aufessen können, obwohl wir hier 30 Mann sind. Es gefällt mir gut, obgleich ich Strapazen durchgemacht habe, die Ihr nicht glauben würdet, wenn ich sie Euch schreiben wollte.“
Im Schluß des Briefes, der mehr die Familienglieder in der „schönen Heimat“ interessiert, bittet der wackere Kämpfer um Zusendung eines scharf geschliffenen Dolches. (Ist vielleicht jemand bereit, einen solchen zu stiften?)
Originalartikel:
Gefunden im Amtsblatt „Der Grenzer“ 1904 und aufgeschrieben durch Hans Rehberg.
Letzte Änderung am 09.03.21